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IS-Rückehrer:innen – Die vergessenen Deutschen in Syrien

Von Claudia Dantschke und Alma Fathi.

13. Oktober 2017: „Sie leben, das ist so toll, das kann man nicht mit Worten beschreiben.“ „Das ist das wichtigste, alles weitere wird auch noch.“ Ein Chat zwischen einer Beraterin für Deradikalisierung in Deutschland und einer Mutter, deren Tochter zwei Jahre zuvor plötzlich verschwand und nach einiger Zeit im „Kalifat“ des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS) wiederauftauchte. Gemeinsam mit ihrem ebenfalls aus Deutschland stammenden Mann war sie Teil eines totalitären Systems geworden, das für unzählige Grausamkeiten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich ist, wie die Tötung und Versklavung unzähliger yezidischer Männer, Frauen und Kinder.

Zwei Jahre stützte das Paar aktiv dieses System. Als der IS im Jahr 2017 immer mehr an Boden verlor, das „Kalifat“ schrumpfte und auch die Eheleute von den zahlreichen Bombeneinschlägen nicht verschont blieben, reiften erste Zweifel heran. Sie sind zu dieser Zeit in Raqqa, der syrischen Hauptstadt des IS, wo die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), unterstützt von Luftangriffen der US-geführten internationalen Anti-IS Koalition, einen harten Häuserkampf gegen die Terrormiliz IS führten. Sie fassten den Entschluss, sich lieber den Kurden zu ergeben, als weiter dem IS die Treue zu halten. Sie wollten zurück nach Hause, nach Deutschland. Wohl wissend, dass die ehemaligen Kameraden nicht zögern würden, sie zu erschießen, wagten sie die Flucht unter lebensgefährlichen Umständen. Am 13. Oktober 2017 erhält die Mutter in Deutschland die befreiende Nachricht: Sie haben es geschafft und sie leben.

Das ist jetzt drei Jahre her. Der SDF trennte das Paar, er kam in ein kurdisches Gefängnis, sie in eines der kurdischen Flüchtlingslager in Nordostsyrien, in denen in abgetrennten Sicherheitsbereichen die ausländischen IS-Familien festgehalten werden. Kamen zu Beginn noch deutsche Geheimdienstmitarbeiter, denen beide recht ausführlich Rede und Antwort gestanden haben sollen, und Journalisten, so ist Deutschland für sie nach wie vor in weiter Ferne. Und doch ist der Wunsch, nach Hause zu kommen, ungebrochen, wohl wissend, dass hier eine Gefängnisstrafe auf sie wartet.

Noch immer ist das Problem der Rückführung deutscher Staatsbürger, die sich dem IS angeschlossen haben, nicht gelöst. Etwa einhundert Männer und Frauen aus Deutschland befinden sich noch in den kurdischen Camps oder Gefängnissen in Nordostsyrien. Hinzu kommen etwa 130 Kinder. Nicht wenige von ihnen waren zu Beginn ihrer Inhaftierung in Syrien so desillusioniert vom IS, wie das einleitend beschriebene Paar. Die ideologischen Narrative und Feindbilder hatten Risse bekommen, Zweifel keimten auf. Und heute, drei Jahre später? In Kapitel 2 versuchen wir, dieser Frage auf den Grund zu gehen.

 

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Autorinnen

Claudia Dantschke studierte Arabisch und Französisch an der Universität Leipzig und ist seit Dezember 2001 wissenschaftliche Mitarbeiterin der ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur gGmbH Berlin. Seit Sommer 2011 leitet sie die Initiative HAYAT-Deutschland mit den Beratungsstellen HAYAT und der Aussenstelle von HAYAT in Bonn, in denen Angehörige salafistisch oder jihadistisch orientierter Jugendliche beraten werden. Mehr zur Autorin >

Alma Fathi studierte Religionswissenschaft (M.A.) und ist Beraterin bei HAYAT-Deutschland.