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Das Kaleidoskop der Radikalisierung – Ein Plädoyer für die Verabschiedung des Extremismusbegriffs

Von Christian Ernst Weißgerber.

Auszug:

Der zunehmenden Wirkmächtigkeit und des öffentlichen Zuspruchs zum Trotz ist das Extremismus-Paradigma alles andere als unumstritten. Innerhalb der Politikwissenschaften tobt seit mehr als zwei Jahrzehnten eine heftige, politisch aufgeladene Debatte über Sinn und Unsinn des Extremismusbegriffs sowie seiner Konzeptualisierung. Das Extremismusmodell stützt sich auf die Idealisierung gesellschaftlicher Ordnung durch die Übertragung einer Mitte-Extrem-Symbolik, beinhaltet ein teleologisch-lineares Geschichtsverständnis sowie das daraus abgeleitete Dogma eines liberaldemokratischen Rechtsstaates als fundamentum inconcussum. Dies ermöglicht die Stigmatisierung derjenigen Positionen als ‚Extremismus’, die diesen Minimalkonsens kritisieren; außerdem reproduziert die Verwendung des Extremismusbegriffs im sozialwissenschaftlichen Kontext ein von staatlichen Institutionen inauguriertes Normalitätsdispositiv.

Der Artikel vollzieht eine kursorisch-diskursanalytische Aufarbeitung und Kritik der einschlägigen Forschungsstandpunkte der Totalitarismus- und Extremismusforschung, die einen Problemaufriss für die Darstellung der derzeitigen Radikalisierungsforschung gewähren. Im ersten Abschnitt wird zunächst die Extremismusforschung im ideengeschichtlichen Kontext der Totalitarismusforschung situiert, im zweiten Abschnitt dann die wirkmächtigste Extremismuskonzeption vorgestellt sowie zahlreiche begriffstheoretische und methodologische Kritikpunkte aus der aktuellen Forschungslandschaft umrissen, um davon ausgehend für die Verabschiedung des ‚Extremismusbegriffs’ zu plädieren. Schließlich wird im dritten Unterabschnitt eine begriffliche Neuorientierung hin zu einem diskurstheoretischen Radikalisierungsbegriff vorgeschlagen, wobei in Bezug auf die aktuelle Debatte der Radikalisierungsforschung Distanzierungs- und Anknüpfungspunkte festgesetzt werden.

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